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Kraftorte und Aussichtspunkte

Ägypten: Die Weiße Wüste

Farafra-Wüste in Ägypten
Farafra-Senke in Ägypten. Foto: Foto: Ahmedsalahemam / Lizenz: CC BY-SA 4.0

Mit 980 km² ist die Farafra-Senke (gesprochen [elfɑˈɾɑfɾɑ]) die zweitgrößte geologische Senke Westägyptens und damit etwa so groß wie Rügen.

Sie liegt mit ihrem größten Ort Qasr el-Farafra rund 300 km westlich von Asyut in Ägypten. Damit befindet sie sich in der großen Westlichen Wüste Ägyptens, etwa auf halbem Weg zwischen den Oasen Dachla und Bahariyya.

Zu Zeiten der Pharaonen war sie auch als Ta-iht (Ta-íḥu) oder „Das Land der Kuh“ bekannt. Mit etwa 2.500 Einwohnern ist sie nur dünn besiedelt. Diese leben überwiegend in der Stadt Farafra und sind mehrheitlich einheimische Beduinen.

Ganze Viertel der Stadt sind in traditioneller Architektur gestaltet, das heißt schlicht und in Lehmfarbe. Baustil und Kultur werden durch den Tourismus gefördert. Zu Farafra werden auch die heißen Quellen von Bir Sitta (der sechste Brunnen) und der El-Mufid-See gerechnet.

Das Wort al-Farafra (in der lokalen Aussprache „al-Farafira“) ist eine gebrochene Pluralform von al-Farafra und bedeutet „sprudelnde Quelle“. Die Oase wurde im Altägyptischen „das Land des Viehs“.

Die Erzählung vom beredten Bauern

Hierfür liegen aber nur inschriftliche Zeugnisse vor. Das älteste ist die „Erzählung vom beredten Bauern“, ein mittelägyptisches Literaturwerk auf sechs Papyrusbruchstücken: Ein Bauer aus dem Natrontal soll verschiedene Produkte im Niltal gegen Nahrungsmittel eintauschen, darunter sind Stäbe aus einem unbekannten Material aus der Oase Ta-íḥu. Dort wird er unter fadenscheinigen Vorwänden vom leibeigenen Pächter Thot-Nacht oder, nach anderen Handschriften, Nemti-Nacht, seiner gesamten Habe beraubt. Chui-ni-Anup begibt sich daraufhin nach Herakleopolis und wendet sich an Rensi, den Besitzer und Vorgesetzten des Nemti-Nacht und Obervermögensverwalter des Königs.  Doch die Bitte bleibt unbeantwortet. Anschließend beginnt der Bauer, Klagereden gegen Rensi zu erheben. Nach der ersten Rede antwortet Rensi nicht, berichtet aber dem König Nebkaure Cheti darüber. Dieser ordnet aus Interesse an, auf die Reden des Bauern weiterhin nicht zu reagieren, aber sie für sich aufzuzeichnen und für den Lebensunterhalt des Bauern zu sorgen. Nach der dritten Rede glaubt Chui-ni-Anup, sich durchgesetzt zu haben, wird aber dafür mit Prügeln bestraft. Daraufhin setzt er seine Reden fort. Am Ende der neunten und letzten Rede hat er keine Hoffnung mehr und wünscht sich den Tod. Nun wird ihm recht gegeben. Rensi lässt ihm seine Reden vortragen. Diese werden dem interessierten König übergeben. Dem Bauern wird Thot-nacht mit seinem gesamten Besitz. Das Ende der Erzählung ist leider nicht mehr erhalten.

Nationalpark Weiße Wüste (as-Sahra al-baida)

Die nördlich der Oase Farafra gelegene Weiße Wüste ist eine imposantes Naturformation. Sie besteht aus Kalkgebilde in Gestalt riesiger Monolithen. Die Bodenfunde deuten darauf hin, dass sich hier früher Meeresboden befand. Die Wüste kann nur mit geländegängigen Fahrzeugen befahren werden.

Kalkformation im Nationalpark Weiße Wüste
Kalkformation im Nationalpark Weiße Wüste (Lizenz: Public Domain)

Eine der wichtigsten benachbarten Oasen ist Bahariyya, die rund 180 Kilometer nördlich von Farafra liegt. Zwischen diesen beiden Oasen befindet sich zudem der Kristallberg (Crystal Mountain). Es handelt sich um einen Felsendurchbruch, der von zentimeter- bis dezimetergroßen Kristallen eingerahmt ist.

Badr-Museum Farafra

Badr Abdel Moghny (*1958; † 27. Oktober 2023), ein einheimischer Künstler, gründete vor über 30 Jahren ein kleines Museum, das er auf seinem eigenen Grundstück errichte. Er präsentiert dort seine Werke, wobei er dazu Materialien weitgehend aus der Umgebung der Natur einsetzte: farbigen Sand für seine Zeichnungen und Palmenstämme für seine Skulpturen. Für interessierte Künstler bot er eine Gästelodge an.

Badr-Museum, Farafra-Wüste in Ägypten
Das Badr-Museum. Foto: Roland Unger / Lizenz: CC BY-SA 3.0
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Religion Wunder(heilung)

Das angebliche Vogel-Wunder des fünfjährigen Jesus Christus

Vogel-Wunder Jesus Christus
Der fünfjährige Jesus Christus modelliert Vögel

Auf die Sabbatschändung, der Arbeit am Sabbat, stand nach den mosaischen Gesetzen der Tod. Dazu gibt es im Alten Testament (4. Mose 15, 32–36, Lutherbibel 2017), folgende Erzählung:

Als nun die Israeliten in der Wüste waren, fanden sie einen Mann, der Holz auflas am Sabbattag. Und die ihn dabei gefunden hatten, wie er Holz auflas, brachten ihn zu Mose und Aaron (älterer Bruder Mose, der Verfasser) und vor die ganze Gemeinde. Und sie legten ihn gefangen, denn es war nicht klar bestimmt, was man mit ihm tun sollte. Der HERR aber sprach zu Mose: Der Mann soll des Todes sterben; die ganze Gemeinde soll ihn steinigen draußen vor dem Lager. Da führte die ganze Gemeinde ihn hinaus vor das Lager und steinigte ihn, sodass er starb, wie der HERR dem Mose geboten hatte.

Das dazugehörige Gesetz (2. Mose 35, 2, Elberfelder Bibel):

Sechs Tage soll man (seine) Arbeit verrichten, aber am siebten Tag ist Sabbat, (ein Tag) völliger Ruhe, heilig dem HERRN. Jeder, der am Tag des Sabbats eine Arbeit verrichtet, muss getötet werden.

Die Strafe ist mehr als nur unverhältnismäßig hoch, sie ist nicht nur aus heutiger Sicht maximal inhuman, auch wenn man bedenkt, dass der heilige Sabbat bereits damals eine enorm hohe Bedeutung für die Juden hatte. Das Konzept eines freien Tages in der Woche sollte den Menschen zugutekommen, aber dass jemand, der dieses Gebot bricht und damit freiwillig auf den Vorteil verzichtet, hingerichtet werden muss, lässt den Betrachter fassungslos zurück.

Wir gehen in der Zeit einen Schritt nach vorne. Das sogenannte Kindheitsevangelium nach Thomas (das nicht in den Bibelkanon aufgenommen wurde) berichtet vom fünfjährigen Jesus Christus:

Als dieser Knabe Jesus fünf Jahre alt geworden war, spielte er an einer Furt eines Baches; das vorbeifließende Wasser leitete er in Gruben zusammen und machte es sofort rein; mit dem bloßen Worte gebot er ihm. Er bereitete sich weichen Lehm und bildete daraus zwölf Sperlinge. Es war Sabbat, als er dies tat. Auch viele andere Kinder spielten mit ihm. Als nun ein Jude sah, was Jesus am Sabbat beim Spielen tat, ging er sogleich weg und meldete dessen Vater Joseph: „Sieh, dein Knabe ist am Bach, er hat Lehm genommen und zwölf Vögel gebildet und hat den Sabbat entweiht.“ Als nun Joseph an den Ort gekommen war und (es) gesehen hatte, da herrschte er ihn an: „Weshalb tust du am Sabbat, was man nicht tun darf?“ Jesus aber klatschte in die Hände und schrie den Sperlingen zu: „Fort mit euch!“ Die Sperlinge öffneten ihre Flügel und flogen mit Geschrei davon. Als die Juden das sahen, staunten sie, gingen weg und erzählten ihren Ältesten, was sie Jesus hatten tun sehen.

Hier werden viele nun einhaken und sagen, dass das Modellieren von Lehmvögeln eines Kindes nicht als Arbeit betrachtet werden kann. Aber das Sabbat-Gesetz wird so verstanden, dass auch Freizeitaktivitäten, darunter im Übrigen auch Sport, absolut tabu sind. Der in der Erzählung zitierte Jude sieht es als Entweihung des Sabbats, Vater Joseph spricht von etwas, das man nicht tun dürfe. In der damaligen Zeit hat man durchaus drakonische Strafen auch an Kindern angewendet. Für widerspenstige Söhne etwa ist die Steinigung vorgesehen (5. Mose 21, 18–21, Lutherbibel 1984).

Hätte Jesus also schon im Kindesalter die Todesstrafe verdient gehabt? Hier aber rettet sich Jesus mit einem angeblichen Wunder. Als die Vögel wegflogen, dachte sicherlich niemand mehr an eine sehr harte Strafe, da man wohl ein göttliches Zeichen sah. Zwar mag es damals üblich gewesen sein, dass die Kinder im Lehm spielten, aber ich sehe da auch eine Anspielung auf das Material, aus dem Gott den ersten Menschen, Adam, erschaffen haben soll: eben Lehm. Die Botschaft: Auch Jesus kann aus Lehm Leben erschaffen, so gesehen eine Anspielung, dass er das kann, was auch Gott kann, bzw. dass er Gott ist.

Als Naturalist sehe ich die Bibel äußerst kritisch. Die beschriebenen Wunder kann es nicht gegeben haben, da sie wie alle Wunder (im strengen, also transzendentalem Wortsinn1) den Naturgesetzen widersprechen. Die Wissenschaft hat solche Verstöße gegen Naturgesetze nie festgestellt. Ich denke, es sind einfach Erzählungen, Metaphern. Wie viele der Erzählungen der Bibel wartet auch diese Geschichte aus dem Kindheitsevangelium mit einer überraschenden Pointe auf.

Nun stellt sich die Frage, ob das Sabbatschändungs-Gebot heute noch für Christen gilt: Jesus sagte in der Bergpredigt (Lutherbibel 2017, Matthäus 5, 17–206):

Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen. Denn wahrlich, ich sage euch: Bis Himmel und Erde vergehen, wird nicht vergehen der kleinste Buchstabe noch ein Tüpfelchen vom Gesetz, bis es alles geschieht. Wer nun eines von diesen kleinsten Geboten auflöst und lehrt die Leute so, der wird der Kleinste heißen im Himmelreich; wer es aber tut und lehrt, der wird groß heißen im Himmelreich. Denn ich sage euch: Wenn eure Gerechtigkeit nicht besser ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.

Somit gälten die alten Gesetze des Alten Testaments auch für Christen. Viele Christen sind aber der Meinung, dass Jesus viele oder nahezu alle der alten Gesetze aufgehoben habe, da er betont hätte, es ginge ihm sinngemäß um den Geist der Gesetze, nicht um die wortgetreue Erfüllung. Das zeigt aber das Problem auf, dass die Bibel widersprüchlich ist und selbst eindeutige Passagen durch andere Passagen infrage gestellt werden können. Letztlich lässt sich mit viel Interpretation sowohl das eine als auch das Gegenteilige herauslesen.

Aber die alten Gesetze werden ohnehin durch weltliche Gesetze überlagert, zum Glück!

Wer heute in Deutschland gegen die Sonntagsruhe verstößt, indem er ohne Sondergenehmigung seinen Laden aufsperrt, wird nicht demnach nicht mehr so hart bestraft. Er muss mit bis zu 2.500 Euro Bußgeld rechnen. Aber er darf leben.

1 Im Umgangssprachlichen bezeichnet „Wunder“ auch einen sehr erstaunlichen Vorgang, der aber nichts Übernatürliches darstellt. Etwa: Es ist ein Wunder, dass er die Klasse doch noch geschafft hat.